Eigentlich habe ich mich nach unserem Dschungeltrip ja wirklich sehr auf ein entspanntes Wochenende in Lima gefreut…. Aber wie es so ist kommt immer alles anders… Dienstagabends hat Gisela angerufen (Nachbarin von Meche, die ursprünglich von Deutschland ist und mir hier quasi die Unterkunft besorgt hat). Sie meinte sie hat da eine Wochenendtour mit ihren Freundinnen organisiert und da sie von einem Hund gebissen wurde hat ihr Arzt ihr verboten zu Reisen. Sie hat mich dann gefragt ob ich nicht mit Meche zusammen die Tour machen möchte. Alles ist schon bezahlt, Vollpension, Sonnenschein und gute Laune. Das hört sich natürlich nicht schlecht an, habe dann gesagt „Ja ok, ich überleg es mir mal, dann melde ich mich nochmal bei dir.“ Und bevor wir aufgelegt haben, sagt sie „Also, dann gib mir jetzt mal Meche, ich sag ihr Bescheid, dass ihr beide fahren werdet“. Ok, ich hatte wohl nix mehr zu sagen – Chiller-Wochenende in Lima gestrichen, Koffer packen für Tarma. Tarma ist ein Dorf in den Anden, ca. 240 km östlich von Lima. Wir sind nachmittags losgefahren, in einem 9-Sitzer mit Reisenden mittleren-höheren Alters und ich mittendrin. Da es ja nicht weit ist, dachte ich mir, dass wir sicher gegen 19 Uhr ankommen werden. Falsch gedacht. Es sind zwar nur 240 km, wenn man aber auf der einen Seite die Anden hochfahren muss und auf der anderen Seite fast wieder ganz runter, kann das auch mal sieben Stunden dauern. Irgendwann war ich richtig genervt von dem ganzen Gegurke, den engen Sitzen, den lahmen LKWs vor uns und vor allem weil ich hundemüde war, aber nicht schlafen konnte!
Als wir dann um 21.30 endlich ankamen, haben wir etwas gegessen und jeder wollte schnell ins Bett. Am nächsten Morgen, als ich die Fensterläden geöffnet habe, war ich erst einmal überrascht. Ringsherum Felder und dahinter die Berge. Ich habe mich fast gefühlt wie zu Hause. Wir waren auf einem großen Bauernhof mit frischer Landluft!
Vor dem Frühstück standen aber erst die morgendlichen Bewegungen auf dem Plan. Wir sind in einen großen Garten gegangen, haben uns um einen kleinen Brunnen im Kreis aufgestellt und ein bisschen Morgengymnastik gemacht.
Die Frau, vorne links ist die Besitzerin des Hofes und ich dachte, wow die spricht sogar deutsch. Bis sie mir erzählt hat, dass sie von Deutschland ist :-) Sie meinte, sie wär WIE ICH, mit 20 Jahren mit dem Rucksack in Peru unterwegs gewesen und hat sich hier verliebt.... Ich hab dann nur gemeint, das mit dem Verlieben in Peru überleg ich mir dann aber nochmal....
Nach einem leckeren Frühstück mit 5 verschiedenen selbstgemachten Marmeladesorten habe ich erst einmal jede Ecke des Hofes erkundet....
Im ersten Stock war unser Zimmer
La Florida
Das Dorf Tarma ist
eigentlich bekannt für seine tolle Blütenpracht. Leider haben wir davon
nicht viel gesehen, da gerade Trockenzeit ist... Auf jeden Fall heißt
der Hof "La Florida" = Die Blühende
So eine niedliche Rezeption habe ich davor auch noch nie gesehen....
Die verschiedenen Ställe....
Der Kuhstall...
Der Meerschweinchenstall....
Die werden hier nämlich, genauso wie hunderte von Hasen gezüchtet und danach verspeist.
Eigentlich stand dann am Morgen noch eine Lesung vom berühmten Autor Silvio en el Rosedal auf dem Programm, darauf hatte aber weder Meche noch ich Lust, deswegen haben wir uns ein Taxi genommen und sind nach "San Pedro de Cajas" gefahren. Das ist auch ein kleines Dorf das bekannt für seine Teppich und Webprodukte ist.
Allein der Weg dorthin war ein Erlebnis....
Auf dem Feld wird noch mit Kühen gearbeitet....
Eine Schafherde versperrt uns plötzlich den Weg...
Meine Gastmama und ich...
So schlecht kann meine Musik nicht sein, das Lama hat mich nämlich nicht angespuckt :D
Meche wollte sich unbedingt einen Teppich kaufen, da sie schon einen von dort hat. Leider hatten alle Läden geschlossen als wir dort ankamen... Bis auf einen kleinen Webladen, in dem wir das Weben selber ausprobieren durften....
Auch der Hinterhof hatte etwas...
Sogar Meerschweinchen.....
Als ich über den Meerschweinchenkäfig geschaut hab, hat mich fast der Schlag getroffen....
.... ja soviel ist wohl noch davon übrig nachdem die Delikatesse aufgegessen wurde....
Als ich gefragt habe, ob ich mal ein Meerschweinchen aus dem Käfig holen darf, wurde ich ganz komisch angeschaut. Und als ich denen erzählt habe, dass ich früher mal eins als Haustier hatte, wollten sie mir es absolut nicht glauben und meinten, dass das bestimmt ein Hamster war. Heute in der Uni (ja, da bin ich auch ab und zu) hatten wir es wieder von den Tieren und da meinte die Professorin, dass Meerschweinchen für die Peruaner ähnlich wie Ratten sind. Jetzt verstehe ich denen ihr Verhalten auch. Wenn uns in Deutschland einer erzählen würde, er hat Ratten als Haustiere, würden wir ihn auch komisch anschauen... Meerschweinchen sind hier einfach Wildtiere die zum Verzehr gedacht sind.... Soweit hab ich es noch nicht geschafft, aber irgendwann muss das süße Tier auch mal noch auf meinen Teller.... :)
Zum Mittagessen waren wir wieder zurück in Tarma und das war auch gut so. Dort gab es nämlich Pachamanca. Als ich das auf dem Programm gelesen habe, habe ich gefragt wo das liegt, für mich hört sich das nämlich an wie ein Ort. Dann haben sie mich ausgelacht und haben mir erklärt, dass das ein peruanisches Nationalgericht ist.
Pachamanca setzt sich zusammen aus verschiedenem Fleisch, Gemüse und Kartoffel und wird in einem Erdofen mit Feuer erhitzten Steinen zubereitet. Dann gart es eine Weile in der Erde vor sich hin, bis es verspeist wird. Das Ritual ist schon uralt, ich weiß nicht wie alt genau, jedenfalls kannte man das schon vor den Inkas.
Gegessen wurde im schönen, großen Garten....
Nachmittags gab es noch einen zweiten Teil der Lesung. Diesmal hat Meche anstandshalber teilgenommen. Ich hatte die tolle Ausrede, dass ich noch einiges für die Uni lesen muss, habe meinen Ordner genommen und mich damit in den Garten gesetzt.... Es hat nicht lange gedauert schon hatte ich Besuch von zwei netten Jungs (Sohn und Mitarbeiter), die dann meinten mich vom Lernen abhalten zu müssen... Wir hatten aber eine super Unterhaltung und die haben mir total krasse Sachen erzählt. Der Sohn ist jetzt 28 und als er ca. 5 war, gab es in Tarma eine Zeit lang Terrorismus. Für die Familie war das ganz schlimm, da der Vater quasi auf die "schwarze Liste" gesetzt wurde. Er hat von den Terroristen mitbekommen und als sie in Tarma waren, hat er es heimlich der Armee gemeldet. Das haben die Terroristen herausgefunden und waren hinter ihm her. Somit ist die ganze Familie für ca. 4-5 Jahre nach Lima geflüchtet um sicher zu sein. Ich konnte mir das alles gar nicht richtig vorstellen, aber für ihn war es wohl eine schreckliche Zeit... Aber wir hatten auch noch fröhliche Gespräche und irgendwie wurde ich die ganze Zeit verarscht... Ich glaube ja sowieso immer alles, was man mir erzählt und wenn das dann auch noch auf Spanisch ist, dann versteh ich noch weniger wenn es ein Witz sein soll... Naja, sie haben sich jedenfalls über mich amüsiert... Abends durfte ich mir von den restlichen Reisenden anhören, dass ich ja sehr viel gelernt hätte heute Nachmittag.... Ja, manchmal kommt halt was dazwischen :-) Bei einem gemütlichen Lagerfeuer am Abend, habe ich noch ein Pärchen (aus Lima und San Diego) kennengelernt und fand es dann gar nicht mehr so schlimm zwischen all den Rentnern. Ich war ja nicht mehr allein.... Schließlich haben wir dann nach einem Unterhaltungsmix aus Deutsch, Englisch und Spanisch, was wirklich sehr anstrengend sein kann, die Bar zu späteren Stunde abgeschlossen....
Den Sonntag haben wir dann wieder mit Morgengymnastik und ausreichendem Frühstück beginnen lassen, bevor wir eine kleine Stadtführung in Tarma gemacht haben. Dort waren wir auf einem Obst- und Gemüsemarkt, haben eine Käsefabrik angeschaut und sind durch die überfüllten Straßen geschlendert.
Und dann gings auch schon wieder zurück nach Lima, über den höchsten, mit der Eisenbahn befahrbarenen Punkt der Welt auf 4818m....
Noch ein paar verschiedene Eindrücke.....